Organizing Architectures

„Organizing Architectures” ist ein interdisziplinäres DFG-gefördertes Graduiertenkolleg, das gemeinsam mit mehreren hessischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen innovative Qualifikationsarbeiten exzellenter Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler fördern will.

Das stark interdisziplinär und international angelegte Studien- und Forschungsprogramm ermöglicht multiperspektivisches Arbeiten, das sich mit dem Spannungsfeld von Architekturproduktion und gesellschaftlichen Prozessen beschäftigt. Wie formen gebaute oder geplante Strukturen (öffentliche) Räume und gesellschaftliche Dynamiken? Wie materialisieren sich gesellschaftliche Prozesse und Diskurse in Architektur? Und wie wirkt das auf die Gesellschaft zurück? Dabei wird ein breites Verständnis des Architektur-Begriffs zugrunde gelegt, das nicht nur einzelne Bauten, sondern auch städtebauliche Ensembles und Infrastrukturen einschließt; Architekturen als diskursive, symbolische und gebaute Räume organisationaler Strukturen.

Mit einer intensiven Betreuungsstruktur, regelmäßigen Kolloquien zum Austausch sowie einem vielseitigen Workshop-Programm werden die Kollegiat*innen bei ihrer Forschung begleitet. Durch die vielfältigen Veranstaltungen des Kollegs und die diverse Gruppe der Antragstellenden bieten sich den Kollegiat*innen ideale Voraussetzungen zum Aufbau breit und international aufgestellter professioneller Netzwerke. Im November 2024 hat die erste Kohorte, mit zwölf Doktorand*innen und zwei Postdocs, ihre Arbeit begonnen, im Herbst 2026 wird eine zweite Kohorte starten.

Um eine breitere Öffentlichkeit an den Forschungsinhalten teilhaben zu lassen, finden regelmäßig öffentliche Vorträge statt. Unterschiedliche Vermittlungsformate – Publikationsreihe, Blog, Dokumentationen, Bild- und Textessays, Videos – garantieren eine einfache Zugänglichkeit zu den Projekten und Forschungsergebnissen des Graduiertenkollegs.

Beteiligte Institutionen

Beteiligte Disziplinen

  • Architektur
  • Architekturgeschichte
  • Architekturtheorie
  • Geschichte
  • Städtebau
  • Medienwissenschaft
  • Kunstgeschichte
  • Humangeografie
  • Politikwissenschaft
  • Rechtsgeschichte
  • Soziologie

Kooperationspartner

  • Deutsches Architekturmuseum Frankfurt am Main

Profil des Graduiertenkollegs

Das Kolleg „Organizing Architectures“ versteht Bauwerke als Symptome und Werkzeuge moderner Institutionen, Netzwerke und Diskurse. Dabei geht es von der Grundannahme aus, dass sich die Betrachtung sozialer Ordnungen nicht von architektonischen Formationen separieren lässt, und dass diese, wie auch die jeweiligen Architekturen, durch spezifische, komplexe gesellschaftliche Aushandlungsprozesse entstehen. Demzufolge wird die Moderne als ein prozessuales Gefüge aufgefasst, das aus organisierten und organisierenden Architekturen besteht.

Ein Architektur-Verständnis, in dem Architekturen sowohl Produkte als auch Anstöße kollektiver Prozesse sind, trägt zum einen der Tatsache Rechnung, dass sich in Architekturen vielschichtige gesellschaftliche Prozesse materialisieren, verkörpern und symptomhaft ausbilden. Zum anderen organisieren gebaute oder geplante Strukturen selbst gesellschaftliche Räume, die wiederum Einfluss auf die Rezeption und Projektion von Architekturen haben.

„Organizing Architectures” weist damit sowohl in inhaltlicher als auch in methodischer Hinsicht über den aktuellen Stand der Architekturforschung hinaus. Das Kolleg leistet so einen wesentlichen Beitrag zur wissenschaftlichen Neuorientierung und Internationalisierung im rapide wachsenden Feld der Architectural Humanities, welches sich der Untersuchung von historischen und kulturellen Architekturprozessen und -praktiken widmet und hierfür vielfältige und interdisziplinäre methodische Ansätze und Medien heranzieht.

Die zentrale Forschungsidee von „Organizing Architectures” ist es, diesen Spannungsraum zwischen organisierten Architekturen und organisierenden Architekturen zu untersuchen. Damit verschiebt das Kolleg den Fokus von dominanten Architekturkonzepten und Dispositiven (das schöpferische Subjekt, das künstlerische Einzelwerk, das Gebaute als Abschluss des Planens) hin zu einer Betrachtung ihrer prozessualen Bedingungen. Organisiertheit und Kollektivität gehen darin eine spannungsreiche Wechselbeziehung mit Zuschreibungen individualisierter Verantwortlichkeiten und Wirkmächtigkeiten ein.

Die Relevanz und Aktualität dieser Themen wird besonders deutlich angesichts aktueller Projekte wie der linearen Stadt Neom in Saudi-Arabien, der Verlagerung von Megastädten wie Manila und Jakarta in geplante Metropolen oder der Pläne von Elon Musk für eine Kolonie auf dem Mars. Diese (mitunter eskapistischen) Planungsphantasien spiegeln die aktuellen (wirtschaftlichen, politischen und klimatischen) Krisen wider, bieten aber keine nachhaltigen Antworten. Die Forschungsgruppe konzentriert sich daher – angesichts der aktuellen Herausforderungen und aus einer dezidiert interdisziplinären Perspektive – auf die Architektur als Raum der dynamischen Verhandlung. Ausgehend von der Moderne als historischem Rahmen wird die umstrittene Koexistenz von kollektiver und individueller Gestaltungsmacht in Planungsprozessen untersucht. Es bietet nicht nur eine neue Perspektive auf die Architektur der Moderne, sondern liefert auch wichtige Erkenntnisse und trägt zur Sensibilisierung von Wissenschaftlern und Architekten für Planungsentscheidungen und deren gesellschaftliche Auswirkungen bei.