Structural Instability:

Aktivismus, R. Buckminster Fuller und die Urbane Krise

Während der späten 1960er Jahre wurden amerikanische Innenstädte zu blutigen Austragungsorten tiefgreifender gesellschaftlicher Konflikte. Eine lange schwelende Unzufriedenheit über Polizeibrutalität, Armut, unzureichenden Wohnraum und mangelhafte Gesundheitsversorgung trieb Afroamerikaner*innen, aber gelegentlich auch andere marginalisierte Gruppen auf die Straßen, um Wandel zu fordern.

Anhand einer Reihe von kollaborativen Projekten, bei denen Aktivist*innen mit R. Buckminster Fuller zusammenarbeiteten, untersucht dieses Forschungsprojekt das Zusammenspiel von Gesetzen, Vorschriften und administrativen Praktiken, die räumliche Formen von Diskriminierung erzeugten und aufrechterhielten. Zunächst werden die offiziellen Erklärungsmuster für die Unruhen, die sich regelmäßig auf biologische, soziologische oder psychologische Konzepte stützen (Familienstrukturen mit Alleinerziehenden, Territorialität oder Überbevölkerung), aufgezeigt und den tatsächlichen rechtlichen beziehungsweise administrativen Organisationsprinzipien gegenübergestellt. Anschließend werden sowohl die räumlichen (Stadtplanung, Architektur, Wohnungsbau) als auch die sozialen (Sozialhilfe, Bildung, Kriminalität, Gender usw.) Folgen nachgezeichnet. Abschließend wird die Genealogie der kollaborativen Projekte zwischen Aktivist*innen und Fuller beleuchtet, welche die bestehenden Ordnungsmechanismen identifizierten und infrage stellten. Mittels dieser multiperspektivischen histoire croisée beabsichtige ich, die bisher als Utopien geltenden Projekte als ungewöhnlich sozial engagierte Beispiele spätmodernen Architektur oder gar als poetische Beispiele des Afrofuturismus neu zu bewerten.

R. Buckminster Fuller bei der ersten Präsentation der Old Man River City 1971<br>
R. Buckminster Fuller bei der ersten Präsentation der Old Man River City, 1971, © Steve Yelvington