Vom Einfamilien­haus zum shea hausu in Tokyo

Architektonische Produktion in einer Postwachstumsgesellschaft

Weltweit werden kommerzialisierte Modelle des gemeinschaftlichen Wohnens zu einem immer wichtigeren Bestandteil der städtischen Wohnungslandschaft. In Tokyo werden seit den 2000er Jahren leerstehende Gebäude, insbesondere Einfamilienhäuser, für das sogenannte shea hausu umgenutzt. Diese Modelle widersprechen der sozio-räumlichen Ordnung der modernen Kernfamilie sowie der „scrap and build“-Logik der japanischen Baupraxis. Im vorliegenden Projekt wird diachron untersucht, wie shea hausu die materiellen, räumlichen, sozialen und administrativen Beziehungen in Tokyo verändern. Bisherige Forschungen haben sich mit den Marktstrategien und Designs von shea hausu sowie den Beziehungen zwischen Bewohner*innen und Hausverwaltung befasst. Die Rolle digitaler Plattformen sowie privater und staatlicher Akteure*innen und ihrer wechselseitigen Beziehungen bei der Schaffung neuer städtischer Wohnungsmärkte wurden jedoch bisher kaum beachtet. Auf der Grundlage qualitativer Interviews, Netzwerkanalysen, Diskursanalysen und Plattformanalysen betrachtet diese Studie den Wandel und die Neubewertung des Wohnens in Tokyo. Die Fallstudie zu shea hausu liefert Erkenntnisse über die Herausforderungen einer Postwachstumsgesellschaft, die mit einem angespannten Wohnungsmarkt und demografischen Veränderungen zu kämpfen hat, aber dennoch mit einer Wohnarchitektur und Stadtentwicklung konfrontiert ist, die für eine Gesellschaft des städtischen und wirtschaftlichen Wachstums konzipiert wurde.

Tokyo street view
Tokyo street view, © Christine Hieb